Sonntag, 20. Juni 2010

Projektbericht Daniela


PROJEKTBERICHT
„Tanz der Schwefelhölzchen“
Ein Bewegungstheater frei nach dem Märchen
„Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Hans Christian Andersen

durchgeführt von
Daniela Rockstuhl
im Zeitraum
von Oktober 2006 bis März 2007
in Gotha


INHALTSVERZEICHNIS
Seite
1. Konzeption
1.1 Vorbemerkungen 3
1.2 Projektidee 3
1.3 kurze Inhaltsangabe 4
1.4 Projektträger 4
1.5 Zielgruppe 5
1.6 Methodik und zeitlicher Rahmen 5
1.7 personelle und räumliche Vorraussetzungen 5
1.8 Finanzierungsplan und Öffentlichkeitsarbeit 6
1.9 Ergebnisindikatoren und Nachhaltigkeit 6
2. Umsetzung
2.1 Konzepterarbeitung und Kulissenbau 7
2.2 Gruppenbildung und Probeprozeß 7
2.3 Stolpersteine 8
2.4Die Premiere und weitere Aufführungen 9
3. Reflexion
3.1 Der Weg ist das Ziel 9
3.2 Der theaterpädagogische Aspekt 10
3.3 Schlussbetrachtungen 11
4. Literaturverzeichnis 11


1. KONZEPTION
1.1 Vorbemerkungen
Auf meiner Suche nach dem passenden Projekt innerhalb meiner Ausbildung zur Spiel- und Theaterpädagogin
des Kinder- und Jugendpfarramtes der EKM und der Spiel- und Theaterwerkstatt Erfurt e.V. 2006/07 entstand in mir der Wunsch das Projekt mit meiner neuen Aufgabenstellung als künstlerische Leiterin des neuen Kinder- und Jugendtheaterensembles theater der stadt zu verbinden, welches seit August 2006 vom art der stadt e.V. aufgebaut wird. Ich suchte eine neue Herausforderung, an mich selbst, meine bisherige Arbeitsweise und inhaltliche Auseinandersetzung mit Theater. So kreisten meine Gedanken verschiedenen Geistesblitzen nach. Schließlich besann ich mich meiner neuen Aufgabe, und entschloss mich für die Inszenierung meines ersten großen Tanz- und Bewegungstheaters. Bereits in früheren Jahren beschäftigte ich mich mit dem Körper und seinen Ausdrucksmöglichkeiten. Ich gründete eine kleine Tanzgruppe unter dem Namen Balustrada, welche kleinere Stücke und Auftragsarbeiten für Ausstellungseröffnungen, Modenschauen und Stadtfeste inszenierte. Ich war selbst als Tänzerin und Schauspielerin aktiv und für die Organisation zuständig. Nun fehlte mir noch das passende Stück für mein Projekt. Da ich den Märchen von Hans Christian Andersen sehr zugetan bin, wählte ich mein Lieblingsmärchen aus Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern.
1.2 Projektidee
Das Projekt Der Tanz der Schwefelhölzchen – Ein märchenhaftes Bewegungstheater beinhaltet als Hauptziel die Inszenierung eines Tanzstückes nach dem o.g. Märchen von Hans Christian Andersen in Verbindung mit Schwarzlicht-, Schatten- und Sprechtheater. Die Grundidee beruht auf einer zeitbezogenen Darstellung der Geschichte im Bezug auf die Überflutung der Menschen durch moderne Errungenschaften, die für das Überleben in der Gesellschaft einen größeren Wert eingenommen haben als Essen und Trinken. Das Stück spielt sowohl inder Vergangenheit als auch in der Gegenwart, so wird ein Zeitlosigkeit der Problematik erreicht. Das Mädchen wird zum Exempel für die Blindheit und Unfähigkeit der Menschen im Umgang mit Armut, Hunger und Obdachlosigkeit.
Das Projekt soll ein Betätigungsfeld sein für eigene Ideen, Selbständigkeit und Kreativität. Den Teilnehmern wird mit Hilfe theaterpädagogischer Ansätze die Möglichkeit gegeben, ihre Phantasie durch Tanz, Musik und Sprache zum Ausdruck zu bringen und ihre Persönlichkeit durch die Beschäftigung mit der eigenen Beweglichkeit zu entfalten. Der Schwerpunkt beruht hierbei nicht im Können, sondern an der Lust sich von Musik in die eigene Körperlichkeit treiben zu lassen. Der einzelne soll sich dabei nicht an äußeren Normen orientieren, sondern an seiner eigenen Bewusstwerdung an Möglichkeiten seiner eigenen Ästhetik und seiner eigenen Kreativität. Die Akteure sollen Ängste und Hemmungen sich gegenüber und anderen verlieren und ihre Erlebniswelt dem gemeinsamen Tanz öffnen und neue Welten erleben. Das Projekt trägt somit einerseits zur Persönlichkeitsentwicklung bei, andererseits erweitert es das Ausdrucks- und Kommunikationsvermögen, fördert die Wahrnehmung, das Bewegungsrepertoire, die Ausdauer, die räumliche Orientierung sowie Kritikfähigkeit, Gruppendynamik, Rhythmus und Abstraktionsvermögen. Im Mittelpunkt steht allerdings immer die Förderung der Spiellust und die Freude an der ungebundenen Bewegung. Es handelt sich um ein generationsübergreifendes Projekt mit Darstellern zwischen 6 und 40 Jahren.
1.3kurze Inhaltsangabe
Das hier zugrunde liegende Märchen wird uns durch eine Rahmenhandlung erzählt. Ein reiches Mädchenbegibt sich durch die Erzählung zweier Straßenmusiker auf dieReise in die TraumWeltdesarmen Mädchens, welches zur Neujahrsnacht, in fürchterlicher Kälte und Finsternis,Schwefelhölzchen verkaufen soll. Niemand hatte ihr während des ganzen Tages etwas abgekauft. Niemand hatte ihr auch nur einen Pfennig geschenkt. Zitternd vor Kälte und hungrig setzte sie sich in eine Häuserecke.Aus allen Fenstern glänzten die Lichter und es roch ganz herrlich nach Gänsebraten. Nach Hause zu gehen, wagte sie nicht. Sie strich ein Schwefelhölzchen an. Ritsch! Wie es sprühte und brannte! Es kam dem Mädchen vor, als sitze es vor einem großen eisernen Ofen. Ritsch!An einem reichlich gedeckten Tisch. Ritsch! Vor einem herrlichen Weihnachtsbaume. Da erlosch jedes Mal das Hölzchen und nur die kalte Mauer blieb zurück.Sie strich schließlich alle Hölzchen an und tanzte mit ihrer alten Großmutter in den Himmel empor. Sie fühlte keinen Hunger, keine Kälte und keine Furcht mehr.Aber im Winkel, an die Mauer gelehnt, saß in der kalten Morgenstunde das kleine Mädchen mit roten Wangen und lächelndem Munde erfroren an des alten Jahres letzten Abend.Sie hatte sich wärmen wollen, sagte man“. Währendder Geschichtebegreift das reiche Mädchen, dasses ebenso dem Mädchenund den Musikernnicht gut war und dem Mädchen sogar den letztenSchuh der Mutter stahl. Als Symbol ihrer Selbsterkenntnisgibt sie den Schuh dem toten Mädchen zurück.
1.4 Projektträger
Träger des Projektes ist der art der stadt e.V. Gotha. Der Verein gründete sich 1995 unter dem Namen Theater e.V. und feierte in diesem Jahr sein 12jähriges Bestehen. Aus der anfänglichen Intention des Aufbaus eines Laienspieltheaters wuchs ein Podium der basis- und bedarfsbezogenen Kultur-, Kinder- und Jugendarbeit. Grundidee der Arbeit sind integrative und selbstorganisierte Projekte sowie kontinuierliche Kurs- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche. Anhand der Medien Theater, Bewegungstheater, Musik, Film, Literatur und weiterer Genres werden Wege kreativen Schaffens, sowie deren Vernetzung erfahr- und erlebbar gemacht und letztendlich durch die Kinder und Jugendlichen selbst und aktiv verwirklicht und gestaltet. Mit dieser Intention wirkt der Verein der bislang vorherrschenden Kulturfluktuation entgegen, bieten jungen Menschen Raum für sich, ihre Träume, ihre Ideen, für Identifikation, Selbsterfahrung und –verwirklichung.
Die Arbeit des art der stadt e.V. basiert im Wesentlichen auf Ehrenamtstätigkeit. Die Mittel zur Finanzierung des Vereines stammen aus kommunalen und soziokulturellen Förderungen, Sponsoren- und Spenden-aufkommen, Honoraren sowie Mitgliedsbeiträgen. Der art der stadt e.V. ist ein eingetragener und gemeinnütziger Verein und Freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe.
1.5 Zielgruppe
Die Hauptzielgruppe des Projektes waren Jugendliche im Alter von 16 bis 27 Jahre, die zum größten Teil aus meiner Tanzgruppe Balustrada stammten. Hinzu kamen Kinder aus meinem Kurs Kreativer Kindertanz, die zwischen 6 und 7 Jahren alt sind und zwei Musiker. Die Anzahl der gesamten Projektteilnehmer umfasste21 Personen; 13 Tänzer, 3 Schauspieler und 4 Kinder.
Das gesamte Projekt entstand in Zusammenarbeit mit den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Teilnehmer wurden sowohl in den gesamten Probenprozess als auch in den Bau der Kulissen, der Requisiten und Kostüme integriert.
1.6 Methodik und zeitlicher Rahmen
In den ersten Wochen wurde das Märchen Das Mädchen mit den Schwefelhölzern von Hans Christian Andersen textlich und musikalisch durch mich und meine Assistenten aufgearbeitet und in ein Bühnenstück umformuliert. Die genaue Choreographie wird im Rahmen des Projektes mit den Tänzern erarbeitet. In den folgenden zwei Monaten wurden die Teilnehmer durch kleine musikalische und tänzerische Übungen an die freie Entfaltung und individuelle Umsetzung des Gehörten herangeführt. Die Bewegungen sollten einzig und allein von den körperlichen Möglichkeiten der Jugendlichen getragen und durch professionelle Anweisungen verbessert werden. Durch zusätzliche Kennenlernspiele sollten die Jugendlichen miteinander bekannt gemacht werden. Danach erfolgte verstärkt das Einstudieren von Tanzelementen und theatralischen Ausdrucksmöglichkeiten unter Einbeziehung von Raum, Zeit und Dynamik. Aus anfänglichen Improvisationen entwickelten sich schließlich feste Formen und Tanzfolgen, die die bereits bestehende Choreographie vollendeten.
Der zeitliche Rahmen erstreckte sich über sechs Monate und begann am 1. Oktober 2006 und endete am 31. März 2007. Die Premiere war am 16. März 2007 im Kulturhaus Gotha. Die Tanzproben mit den Jugendlichen fanden zweimal die Woche jeweils für drei Stunden statt. Zusätzlich ergänzten intensive Wochenendproben die Erarbeitungszeit.
1.7 Räumliche und personelle Voraussetzungen
Für die Realisation des Gesamtprojektes war ich verantwortlich, d.h. für die Vor- und Nachbereitung der Proben mit den Kindern und Jugendlichen, für die Organisation, die Presse und Werbung. Mir oblag die Choreographie des Stückes sowie die Entwicklung des Bühnenbildes, der Requisiten, Kostüme und Musik sowie die Kontrolle deren Herstellung. Zur Seite standen mir Constantin von Thun, Christian Baumbach und Susan Schubert als Assistenten im Bereich Regie, Dramaturgie und Choreographie. Weiterhin übernahm meine Praktikantin Melanie Reinke organisatorische Aufgaben. Bei der Umsetzung von Bühnenbild, Requisiten, Werbung und Kostümen halfen mir neben den Darstellern, ehrenamtliche Mitglieder sowie Angestellte des art der stadt e.V..
Für den Projektzeitraum fand eine Einmietung in den Kursraum des Mehrgenerationenhaus Gotha des Kinderclub Früchtchen e.V. statt. Da allerdings der eigentliche Proberaum mit 70 m² für dasProjekt ungeeignet war, wechselten wir in die Räumlichkeiten eines alten Betriebsgebäudesin der Schönen Allee 10 in Gotha. Dieser Wechsel war auch im Bezug zur Bühne des KulturhausesGotha unabdingbar, um ungefähr die gleichen Maße wie dann zur Aufführung bei den Proben vorzufinden. Zusätzlich probten wirim Kulturhaus Gotha. Die Spielfläche ist sehr groß angelegt mit 18m Tiefe und 12m Breite. Diese Größe war für die Umsetzung des Stückes unumgänglich, da verschiedene Erzählebenen erreicht werden sollten.
1.8 Finanzierungsplan und Öffentlichkeitsarbeit
Das Projekt wurde durch eine Innovationsförderung finanziert, da es sich um ein experimentelles Projekt handelte. Verschiedene Institutionen und Firmen wie die Stadtverwaltung Gotha, die Stadtwirtschaft Gotha, die Stadtwerke Gotha, die WiBeGo GmbH in Gotha sowie die Firma Zander GmbH Waltershausen trugen zur Finanzierung bei. Somit erreichte ich eine Co-Finanzierung und gegenseitige Zusammenarbeit. Als Hauptförderer tritt Aktion Mensch in den Vordergrund, da nur durch die Startförderung im Rahmen des neuen Ensembles das Projekt für mich möglich war. Für die Umsetzung standen mir 3000 Euro zur Verfügung, die ich allerdings aufgrund vermehrter Probleme im Kulissenbau überschritten habe. Neben der Publikation des Projektes via Presse erfolgte eine intensive Werbung durch Plakate und Fleyer, die von den Mediengestaltern und Graphik-Designern Anja Cramer und Frank Ortmann umgesetzt wurden. Abschließend erfolgte die Dokumentation durch Bilder, einer Musik-CD und einer DVD mit der Premiere.
1.9 Nachhaltigkeit und Ergebnisindikatoren
Die Nachhaltigkeit des Projektes ergibt sich aus dem möglichen Übergang dieser Kinder und Jugendlichen in das Kinder- und Jugendtheaterensemble theater der stadt. In diesem können die Kinder und Jugendlichen künftig ihre Freizeit sinnvoll gestalten, dabei nachhaltig Wissen und Ideen anwenden und ausbauen. Es soll den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, sich in Gotha theatralisch auszuprobieren und das Erzeugte einem größeren Publikum zu präsentieren. Somit sollen sie selbst einen Beitrag zum kulturellen Leben ihres Heimatortes beitragen und sich somit auch selbst den Raum für Identifikation und Integration erobern. Man kann bei dem Projekt von Erfolg sprechen,
1. wenn die Kinder und Jugendlichen mit Engagement und Gewissenhaftigkeit am Gesamtprojekt teilnehmen,
2. wenn sie bereit sind, ihren Körper als Medium ihrer Kreativität und Phantasie zu benutzen
3. wenn ihr musisches und tänzerisches Wissen ausgebaut werden konnte
4. wenn Neugier und Interessen geweckt werden konnten, durch die neue Möglichkeiten eröffnet werden
5. wenn die Telnehmer entdecken, wo ihre Interessen, Stärken und Kompetenzen liegen
6. wenn Selbstwert, Eigenverantwortung und Kommunikationsfähigkeit wachsen
7. wenn kulturelle Grenzen überwunden und alltägliche Probleme durch Selbstsicherheit gelöst werden
8. wenn eine soziale Interaktion und Teamfähigkeit aufgebaut werden konnten
1.wenn Umweltkompetenz und aktives Handeln gestärkt werden konnten.


2. UMSETZUNG
2.1 Konzepterarbeitung und Kulissenbau
Meine Arbeit innerhalb des Projektes begann mit der inhaltlichen und dramaturgischen Bearbeitung und Umwandlung der textlichen Vorlage des Märchens von Hans Christian Andersen in ein vielfältiges und mitfühlendes Bewegungs- und Sprechtheater. Mein anfängliches Konzept stand bis zum Ende dem Wandel der Erarbeitung zugrunde und wurde durch die unterschiedlichsten Faktoren verändert, erweitert, wieder gekürzt, verfeinert und schließlich in seiner Form vollendet. Zu den inhaltlichen Vorüberlegungen kamen erste Entwürfe hinsichtlich der Kulissen, Requisiten und Kostümen. Welche durch die jeweiligen Abteilungen verfeinert und umgesetzt wurden. Das Bühnenbild besteht aus vier ärmlichen Häusersegmenten mit verzogen, böse wirkenden Häusern. Zwei Segmente sind drehbar und auf der Rückseite für das Schwarzlichttheater mit schwarzlichttauglicher Farbe oder Schwarz bearbeitet. Im Hintergrund befindet sich ein großes Fenster von einem reicheren Haus, hinter dem sich das Schattentheater abspielt. Zwei Straßenlaternen stärken eine düstere Atmosphäre. Im Vordergrund sieht man einen Zaun und eine Bank, auf der sich die Sprechszenen abspielen. Die Requisiten bestehen aus Pappe oder Spannplatte und sind teilweise mit schwarzlichttauglicher Farbe bemalt. Die Kostüme wurden von einer der Darstellerinnen, Franziska Schnauß, konzipiert und angefertigt und besitzen eine eher zeitlose aber der jeweiligen Schicht entsprechende Form. Sie unterstützen damit die Zuordnung der Rollen untereinander und deren Charakter. Die Musik ist von Musikern des art der stadt e.V. und einem der Darsteller, Ingo Günther, selbst komponiert wurden und an die Dramatik des Stückes angelehnt. Die Straßenszenen werden von einer eher düsteren und dramatischen Musik getragen. Die Schatten- und Schwarzlichtszenen werden durch eine an den swing angelehnte Musik untermalt. Die Motive der Hauptfiguren werden sowohl in der Musik als auch in der Choreographie wiederholt und so in ihrer Wirkung verstärkt. Der Musik liegt ein kalter Wind als Klangteppich unter. Das Licht obliegt ebenfalls der Dramaturgie des Stückes Die Straßenszenen am Abend werden durch ein tiefes Blau bestimmt, der Tag mit Gelb unterstützt. Die Hauptfiguren werden durch Verfolger unterstützt. Alles zusammen erzeugt ein kaltes, düsteres, winterliches und märchenhaftes Bühnenwerk.
2.2 Probeprozeß
Nach der ganzen Vorarbeit begab ich mich auf die Suche nach den einzelnen Darstellern und Tänzern. Ich hatte schnell Erfolg innerhalb meiner Tanzgruppe Balustrada und bei einigen Mitgliedern des art der stadt e.V.. Diese brachten ebenfalls noch Freunde und Bekannte mit, so daß eine beträchtliche Gruppe entstanden war. Aus dieser heterogenen Gruppe musste eine homogene gebildet werden. In den ersten Wochen formten wir uns zu einer spielwütigen und untereinander ganz gut funktionierenden Gruppe. Ich stellte mein Konzept vor und sammelte mit der Gruppe erste Ideen und Umsetzungsvorschläge. Die Rollen wurden in ihren Verhaltensweisen und Beziehungen untereinander untersucht und die Rollen verteilt. Jeder Spieler musste sich anschließend mit seiner Figur intensiv auseinandersetzen, eine Biographie entwerfen, Vorlieben, wesentliche Charakterzüge und Eigenarten im Gang, in der Haltung und Beweglichkeit analysieren. Ich und meine Assistenten übernahmen die Rolle der Fragenden und gaben so neue Impulse. Veränderungen der Figuren waren natürlich bis zum Schluß möglich und sogar Voraussetzung für die Entwicklung des Stückes innerhalb der Gruppe. Erste Bewegungsfolgen wurden probiert und in feste Choreographien verwandelt, die die einzelnen Rollen in Beziehung setzten. Die einzelnen Bilder wurden durch Einzelproben mit Hilfe meiner Assistenten geschärft.
In den Proben fand eine Sensibilisierung der Tänzer und Schauspieler mittels spiel- und theaterpädagogischer Elemente wie Gruppenspiele, rhythmische und räumliche Übungen, Etüden und Situationsspiele statt. Gruppendynamische Prozesse und eine intensive Arbeit bestimmten die Proben. Zu Beginn jeder Probe erfolgte eine körperliche und für die Schauspieler zusätzlicheine stimmliche Erwärmung. DieBewusstmachung und Auseinandersetzung mit derWahrnehmung des Körpers, des Raumes, der anderen Teilnehmer und derMusik stellten hierbei die wichtigsten Schwerpunktedar. Haltung, Atmung und Sprache wurden geschult. Orientierungsspielewie z.B. blind durch den Raum führenoder Hase und Igel, Bewegungsspiele wie das Mörderspiel, Gangschaltung, der gotische Knotenoder I takeI shutund Vertrauensspielewie Baumstammrollen oder Sprung ins Wasser führten die Spieler in das eigentliche Geschehen ein. Nach der Erwärmung folgteein intensives Techniktraining und schließlich die Erarbeitung desStückes. Eine Abschlussrunde undEntspannungsübungenbeendeten die Probe. Die Tänzer führte ich relativ früh an das Schwarzlicht- und Schattenspiel heran. Die Sprechrollen habe ich am Anfang von den Tanzrollen getrennt behandelt, um auch hier eine intensive Erarbeitung zu ermöglichen. Erst später habe ich sie in das Gesamtwerk eingebaut.
2.3 Stolpersteine
Erste Stolpersteine entstanden in der allmählichen Erschöpfung der Teilnehmer durch die Intensität der Proben. Viele der Teilnehmer waren erwerbstätig oder noch in der Schule, so wurde die freie Zeit stark reduziert. Die Erwärmungen und Gruppenübungen beschränkten sich immer mehr auf wenige Minuten, um die Tänzer nicht zu überfordern. Die anfängliche Harmonie der Gruppe wurde durch persönliche Befindlichkeiten innerhalb der Gruppe oder durch äußere Einflüsse wie Beziehungskrisen, Überstunden oder Klassenarbeiten beeinflusst und stark gestört. Es kam zu inneren Spannungen und Ausfällen aus privaten oder gesundheitlichen Gründen. Ich ließ die Probleme zu, habe sie aber nur bedingt besprochen. Nur durch die gute Gruppenführung meiner Assistenten Constantin von Thun und Susan Schubert konnten wir die Gruppe wieder vereinen und die größten Probleme abfangen, bevor sie größeren Schaden anrichteten. Wir begannen uns auf der einen Seite mit den individuellen Bedürfnissen und einzelnen Persönlichkeiten stärker zu befassen und ließen auf der anderen Seite unwichtige Probleme nicht zu. Schwierigkeiten gab es auch im technischen Bereich mit dem Schwarzlicht, da das Kulturhaus aufgrund der Notbeleuchtung nicht völlig ins Dunkle zu verwandeln ist. Doch die Techniker des Kulturhauses sowie unsere Techniker haben das Problem durch Abdeckungen und verstärkte Reflektoren gelöst. Die Musiker und Schauspieler mussten durch Headsets verstärkt werden, was einen erneuten Kostenfaktor darstellte. In der Zusammenarbeit mit dem art der stadt e.V. kam es immer wieder zu kleinen Meinungsverschiedenheiten und Kommunikationsprobleme, sowie Terminverschiebungen und Nichteinhaltung von Fristen.
2.4Die Premiere und weitere Aufführungen
Die Premiere am 16. März 2007 im Kulturhaus Gotha verlief im wunderbar. Alles hat seinen Platz gefunden und funktioniert. Die Gruppe bestach durch ein exzellentes Bühnenspiel mit starker Präsenz und Dynamik. Die kleinen Patzer sind dem Publikum nicht weiter aufgefallen. Sowohl die Teilnehmer als auch das Publikum waren zufrieden.Die Darstellerergriff ein Gefühl von Größe und Erfüllung.Das Haus war bis auf zwanzigPlätze (ohne Rang) ausverkauft und das Publikum gab Standingovation. Vor allem die kleinen Zuschauer waren begeistert, so dass sich meine Befürchtung, das Stückwäre zu düster in Luft auflöste. Aufgrund der hohen Nachfrage entschieden wir uns spontan für einen weiteren Auftritt am folgenden Sonntag, den 25. März 2007, da hier eine andere Veranstaltung ausfiel. Auch diese Vorführung war ein voller Erfolg für uns. Daraufhin buchte uns die WiBeGo GmbH zur Eröffnung des restaurierten Theatercafésim Kulturhaus Gotha für Freitag, den 28. September 2007. Auch diesefür uns vorerst letzte Vorstellungin Gothaführten wir nach Ersatz einer Hauptdarstellerinund einer Pause von fast sechs Monaten erfolgreich durch. Gastspiele in anderen Häusern warenuns aufgrund der Größe des Stückesund dem Personalaufwand bisher leider nicht möglich.
3. REFLEXION
3.1 Der Weg ist das Ziel
Mit dem Projekt habe ich das erste Mal nicht selbst auf der Bühne gestanden, sondern mein Augenmerk auf Dramaturgie, Regie und Choreographie gelegt. Das bedeutete für micheinen völlig neuen Blick auf ein Bühnenwerk. Ich musste mich neuen Herausforderungen stellen, um alle beteiligten Arbeitsfelder zu organisieren, zu koordinieren und zu vereinen. Mein Anspruch war aufgrund meiner Erfahrungen im Schauspiel entsprechend hoch. Diesem Anspruch konnte ich leider selbst oft nichterfüllen, da das Projekt eine Größe erreichte, die ich selbst nicht mehr zu überblicken schien. Mein anfängliches Konzept wardurch die weitere Erarbeitung zusammen mit der Gruppe und meinenAssistenten immer wieder im Wandel. Ich stand diesen Veränderungen positiv gegenüber, stieß jedochoftmals an meine Grenzen, das gesamte Werk noch im Überblick zu behalten. Nicht immer war ich sofort mit Veränderungen einverstanden. Es bedurfte oftguterArgumente und meiner Einsicht, dass das Stück so besser funktioniert.In diesem Zusammenhangwuchs meine Angst, „Fehler“ zu machen bis ich begriff, dass es keine Fehler gibt, sondern nur Ideen und deren Veränderungen.Es gibt auch keine Probleme, sondern lediglich Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Der Weg ist das Ziel. Klare Entscheidungen zu treffen fällt mir jedoch oft schwer, so daß ich mich schnell von anderen beeinflussen lasse.
EineschwereEntscheidung für mich lag darin, dassich den Teilnehmern klare Grenzen setzen mußte, um die einzelnen Vorstellungen in einem Werk zu vereinen und gleichzeitig soviel Freiraum zu lassen, um der Kreativität nicht im Wegezu stehen.Während der Proben experimentierten wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Allerdings fehlte es mir an den entsprechenden Hilfsmittelnaus solchen Improvisationen feste Strukturen und Abläufe zu bauen.Meine Vorstellungen waren selbst noch so unklar, wirr und blumig. Vier Wochen vor der Premiere schien das Projekt aus den Rudern zu geraten. Ich hatte für einen Moment die Gruppe aufgrund starker Selbstzweifel aus den Auge verloren. Sie erschien mir zu groß, zu mannigfaltig, zu problembelastet. So habe ich, in meiner Unfähigkeit klare und konsequente Anweisungen zu geben, kapituliert und unbewusst die Zügel meinen Assistenten in die Hände gegeben. Doch mein Unwohlsein und die wachsende Unzufriedenheit der Gruppe holten mich schnell in die Realität zurück. Es war meine Idee. Ich habe das Projekt begonnen, und nur ich kann es zu ende führen. Innerhalb mehrerer Diskussionsrunden haben wir die wichtigsten Probleme besprochen und alle wieder ein Bewußtsein für die Ernsthaftigkeit der Sache erlangt. Nach vielen Tränen, Worten und Entscheidungen erlangte ich das Vertrauen der Gruppe zurück und die Gruppe mich. Ich musste erkennen, dass einige Schwierigkeiten in der Gruppe vorlagen sowohl zwischen einander als auch in Bezug zum Stück. Es gab ganz unterschiedliche Vorstellungen von der Probearbeit und deren Intensität. Verschiedene Prioritäten und Befindlichkeiten hätten viel eher ausgesprochen werden müssen. Bis zum Schluß gab es Unstimmigkeiten, doch wir waren uns einig, dass nur, wenn alle zusammenhalten und das gleiche Ziel verfolgen, ein für alle zufrieden stellendes Ergebnis möglich ist. Unser gemeinsamer Wille hat uns alle zusammengeschweißt und vorangetrieben. Bezüglich meiner Assistenten entstanden natürlich ebenfalls Streitigkeiten, da unterschiedliche Ansichten vorlagen und sie sich in ihrer Rolle überfordert sahen. Auch hier kamen wir durch gemeinsame Gespräche wieder zusammen und führten das Projekt erfolgreich bis zur Premiere und darüber hinaus zu ende. Allerdings verwandelte sich der gruppenorientierten Ansatz in ein Regie-Schauspieler-Verhältnis, was meine theaterpädagogische Arbeitsweise veränderte. Es entstand eine eher produktorientierte Methodik. Grenzen und Freiräume wurden klarer abgegrenzt, Wege aufgezeigt und konstruktive Kritik sofort ausgesprochen. Doch nur so entstand ein wundervolles Märchen für groß und klein, welches jeden zum Nachdenken und Mitfühlen anregt.
3.2 Der theaterpädagogische Aspekt
DieGrundausbildung zur Spiel- und Theaterpädagogik gab mir für das Projektund meine neue Aufgabe als künstlerische Leiterin des Kinder- und Jugendtheaterensembles theater der stadtviele neue Impulse, Anregungenund wichtige Kontakte. Die Seminare festigten bereits vorhandenes Wissen und zeigten auch neue Bereiche im pädagogischen Bereich auf. Vor allem die Arenatreffen stellten für mich eine gute Voraussetzung dar. Man erfuhr hier, wie es ist,eine Gruppe mit einem neuen Thema zu leiten. Ich konnte mich hier intensiv mit gruppendynamischen Prozessen beschäftigen und diese für mich beurteilen. Innerhalb meineseigenen Arenatreffens konnte ich erste Erfahrungen mit dem Gebiet des Schwarzlichttheaters sammeln. Ebenso erhieltich Einblick in die Vorarbeit eines Probenwochenendes, wie die Organisation des Raumes, der Pausenversorgung, eines genauen Zeit-und Personalplans.Weiterhin stellte das Tanzseminar beiTanjaMatjas für mein Projekt eine große Bereicherung dar. Esgab mir neue Impulse und eine gewisse Sicherheit in meiner Absicht ein Bewegungsstück zu inszenieren.
Die Ausbildung zeigtewesentliche Grundkenntnisse der Spiel- und Theaterpädagogik auf, ist aber für Teilnehmer ohne Vorkenntnisse nur ein kleiner Einblick in das Gebiet. Für fortgeschrittenere Teilnehmer gibt die Ausbildungneue Anregungen, müsste aber in manchen Gebieten (z.B. Regiearbeit, pädagogische Herangehensweisen, psychologische Aspekte)konkretisiertwerden. SpeziellesFachwissen wäre wünschenswert. Im Regieseminar hätte ich mir eine Intensivierung der Erarbeitung an einzelnen Szenengewünscht. DieSommertour 2007 hat mir allerdings als Negativbeispiel gezeigt, dass mein gruppenorientierter Ansatz garnicht so verkehrt ist, um für alle ein positives Gefühl zu erzeugen.Während der Tour wurde das Gruppengefühl unserer Ausbildungsgruppe, welchesin den einzelnen Seminaren intensiv angelegt wurde, durch individuelle Behandlungenund Bedürfnisse gestört. Erwar scheinbar auch nicht gewollt, was für mich eine große Unzufriedenheit zurückgelassen hat.
3.3 Schlussbetrachtungen
Insgesamt betrachtet war das Projekt und die Ausbildung zur Spiel- und Theaterpädagogin ein wunderbares Erlebnis, eine nachhaltige Erfahrung und die Gewinnung neuer Ideen und Freunde. Die Hauptintensionen meines Projektes wie beispielsweise die Stärkung des Selbstbewusstseins bei den Kindern und Jugendlichen, die Förderung von Kreativität und Gruppengefühl habe ich mit großem Erfolg erreicht. Sowohl ich als auch viele der Teilnehmer des Projektes haben ihre eigenen Grenzen erfahren und sind darüber hinaus gewachsen. Ich habeinnerhalb meines Projektes viele der Teilnehmer für unser Ensemble begeistern können, wobereits einige in drei weiterenInszenierungen tätig sind. Das Projekt, die Ausbildung und die neuen Erfahrungen habenmeine Theaterarbeit und soziale Kompetenz geschärft. An meinem Selbstbewusstsein, einer konsequenteren Arbeitsweise und mehr Durchsetzungskraft muß ich jedoch noch arbeiten.
4. LITERATURVERZEICHNIS
ANDERSEN, Hans Christian: Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern.-in: Andersen Märchen.-München: Parkland, 1995
BUTLER, Susan (Hrsg.): Das alternative Spielebuch für Kinder.-2 Bde.-Proclama Verlags-GmbH, 1989/90
FREGE, Judith: Kreativer Kindertanz. Grundlagen-Methodik-Ziele. Mit Beispiel einer Unterrichts-stunde.-Berlin: Henschel, 2005
KULBATZKI, Petra (Hrsg.): Spielebuch für Kinder.-Köln: Honos, 2004

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